Geschichte
Erst noch hatte der Kanonendonner vom Hartmannsweilerkopf in unsere Täler heraufgebrummt, hatten die Schüsse von Genf durchs Schweizerland gezittert, hatte sich der Ruf verbreitet: "Nie wieder Krieg!" Da traten am 4. Dezember 1919 acht Männer aus Muhen in der Waldeck zusammen und gründeten einen neuen Schiessverein (zwei bestanden bereits). Waren es Dunkelmänner, politische Extremisten oder wer weiss was? Nein, sie hatten einfach Freude am Schiesssport – genau wie ihre Nachfolger bis zum heutigen Tag.
Die Gründer: Paul Lüthy (Schreiner), Emil Vogel, Adolf Lüscher, Gottlieb Lüscher (Tannacker), Arnold Lüscher, Hans Lüscher-Steiner, Oskar Lüscher (Mechaniker) und Otto Lehmann.
Ihre Waffen? Fast in jedem Haus befand sich ein Flobert. Schliesslich besass fast jeder ein Häuschen voller Federvieh, das vor dem räuberischen Hüendliweih geschützt werden musste. So wurde ein Flobert-Schiessverein gegründet. Solche gab es in der Schweiz bereits seit dem späten 19. Jahrhundert. 1860 hatte der Franzose Flobert diese Waffe geschaffen – ein Kleinkalibergewehr mit einem Kaliber von 5,6 mm (grob gesagt 6 mm).
Das Flobert: Waffe oder Sportgerät? Ein Gewehr – und sei das Kaliber noch so klein – bleibt immer eine Waffe und kann gefährlich sein. Wohl deshalb (oder weil die Gemeinde Land besass) wandte man sich an den Gemeinderat. Dieser wies ihnen ein Terrain am Giebel zu, wo bereits ein halbes Jahrhundert zuvor die 300-Meter-Schützen ihre Schiesstätigkeit begonnen hatten. Dort errichteten sie mit einfachen Mitteln ihre primitive Schiessanlage, was sie nicht daran hinderte, bald gute Resultate zu erzielen. Sie begannen mit einer Distanz von 25 Metern, doch der Beitritt zu den Verbänden und damit der Zutritt zu allen Schiesskonkurrenzen bedingte eine Umstellung auf 50 Meter. Als das Langgewehr mit seinem präzisen Einsatz die oberen Ränge abräumte, änderte man am 12. März 1929 den Vereinsnamen in "Sportschützen Muhen".
Das war klug, denn auch der kantonale Verband, der sich 1910 "Aargauischer Kantonal-Flobertschützenverband" genannt hatte, wandelte sich 1930 in den Aargauischen Kantonal-Kleinkaliberschützenverband, bis er schliesslich 1979 den Namen Aargauischer Kantonal-Sportschützenverband annahm.
Auch die Zeit des Langgewehres lief ab, denn nach 1931 erhielt der Schütze mit dem Kleinkaliberkarabiner eine handlichere Waffe. 30 Jahre später geriet auch diese ins Hintertreffen, was bei vielen Normalschützen Frustration auslöste und einige dazu brachte, dem Schiesssport den Rücken zu kehren. Eine Krise! Was war geschehen?
"Stutzerschreck" hiess das Problem. Der Stutzer hatte sich etabliert. Wer sich einen leisten konnte, wurde zum grossen Mann. Bisher hatten Stutzerschützen nur kniend geschossen, doch nun durften sie – wie die Langgewehr- und Karabinerschützen – auch liegend schiessen. Sie besetzten die ersten Ränge, die anderen hatten das Nachsehen. Jetzt war Zusammenhalt gefragt. Der Verein schaffte eigene Stutzer an und verlieh sie, wodurch die Situation entschärft wurde.
Und heute? Wo sind die einstigen Flobert-Schützen geblieben? Der Stutzer hat sich durchgesetzt, Geld hin oder her. Wer mitmachen will, muss heute tief in die Tasche greifen: Ein Stutzer kostet einige tausend Franken, dazu kommen Schiessjacke und weiteres Zubehör. Aber wir sind ja eine Wohlstandsgesellschaft!
Der Stutzer war jedoch nicht das einzige Problem. In den folgenden Jahrzehnten gab es zahlreiche Änderungen: neue Scheiben, geänderte Zeigeordnungen, angepasste Schiessprogramme, neue Mitgliedschaftsmodelle (A-, B- und C-Mitglieder) sowie Lizenzsysteme. Diese ständigen Neuerungen verunsicherten viele und führten zu einem Mitgliederrückgang.
Doch dann kamen die Jungen – und die Frauen! Jungschützenkurse gab es schon früher, allerdings mit schwacher Beteiligung. Doch dann nahm sich Gerhard Künzli der Sache an. Mit grossem Einsatz baute er das Jungschützenwesen auf, unterstützt von seiner Frau Ruth. Das Ergebnis: 1980 nahmen 72 Jungschützen teil. Auch die Mädchen mischten mit – und sie trafen hervorragend! 1981 standen mehrere von ihnen an der Spitze eines interkantonalen Jungschützenwettkampfs.
Ein weiterer Meilenstein war die Einrichtung der 10-Meter-Luftgewehranlage 1982, gemeinsam mit den 300-Meter-Schützen. Hier konnten die Jungen erste Erfahrungen sammeln, ohne sich vor Knall und Rückstoss zu fürchten. Das Training lief nun auch im Winter weiter, was sich positiv auf die Sommerresultate auswirkte.
Die Erfolge wuchsen, und 1991 sprach der Präsident von einem Rekordjahr an Wettkampferfolgen. Doch die Vereinsgeschichte kennt auch ein Blackout: Von 1929 bis 1948 fehlen die Protokolle.
Schiessen kostet Geld. Der Vorstand bemühte sich stets, die Schützen nicht durch hohe Kosten abzuschrecken. Dank gut organisierter Schiessanlässe blieben Einnahmen übrig, sodass den Mitgliedern oft ein Gratis-Schiessbüchlein für eidgenössische und kantonale Wettkämpfe abgegeben werden konnte. Besonders beliebt war das Strohhausschiessen, das 1981 erstmals durchgeführt wurde und auf Anhieb 585 Teilnehmer anzog.
Schiessanlage mitten im Dorf. Trotz vieler Erfolge lastete jedoch seit Jahrzehnten ein Schatten über dem Verein: die Unsicherheit über den Standort der Schiessanlage. Ursprünglich 1926 auf einem von Hermann Künzli gepachteten Grundstück errichtet, drohte in den 1960er Jahren der Verlust des Geländes durch kirchliche Baupläne. Die Gefahr konnte abgewendet werden, doch das Thema bleibt aktuell, denn ein Standortwechsel mit Neubau wäre teuer.
Neubau. Das Strohhausschiessen entwickelte sich über die Jahre zu einem finanziellen Erfolg und bildete eine tragende Säule für die Vereinsfinanzen. Dieser wirtschaftliche Rückhalt ermöglichte es, während in den Jahren 1996 bis 1997 den lang ersehnten Neubau des Schützenhauses Rüteli zu realisieren. Mit sehr vielen Fronstunden und der grosszügigen Unterstützung zahlreicher Sponsoren wurde das Bauprojekt in die Tat umgesetzt. Die moderne Anlage bietet den Schützen optimale Bedingungen mit 16 Zugscheiben sowie einer grosszügigen und einladenden Schützenstube, die als geselliger Treffpunkt dient.
Elektronische Trefferanzeige. Ein weiterer bedeutender Meilenstein wurde 2016 erreicht, als die Sportschützen Muhen den 50-m-Wettkampf im Rahmen des kantonalen Schützenfestes ausrichteten. Dies bot die perfekte Gelegenheit, die Infrastruktur weiter aufzurüsten, sodass eine hochmoderne elektronische Trefferanlage von Sius für die 50-m-Distanz installiert werden konnte – ein weiterer wichtiger Schritt in der stetigen Weiterentwicklung des Vereins.
Fazit: Die Vereinsgeschichte der Sportschützen Muhen kennt Höhen und Tiefen, doch sie bleibt lebendig. Die Mitglieder haben stets zusammengehalten – und das wird auch in Zukunft so sein.